Anita und Dieter: „Wir feierten bis sechs Uhr morgens das Neue Jahr“
Anita, 66, und Dieter, 77, sind sportlich, agil und stecken voller Lebenslust – und fühlten sich einige Jahre nach dem Verlust des Ehepartners wieder bereit für eine bereichernde Beziehung. Heute sind der Journalist und die pensionierte Kommunal-Politikerin, die in einem turbulenten Mehrgenerationenhaus lebt, ein glückliches, lebhaftes Paar.
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Sie wirken so jugendlich und sind ja auch in der Politik aktiv – hätten Sie nicht auch im wahren Leben jemanden treffen können?
Anita: „Auf jeden Fall! Ich bin viel mit Menschen zusammen. Aber die Männer, die mir gefallen hätten, waren alle verheiratet. Also habe ich diesen Weg gewählt.“
Wie waren Ihre Erfahrungen?
Anita: „Ausschließlich positiv! Ich habe auf alle meine Anschreiben eine Antwort erhalten, und auch die Absagen waren immer sehr niveauvoll, wenn es welche gab. Da wurde nie einfach nur der Absageknopf gedrückt. Bis ich Dieter traf, hatte ich mit zwei Männern Kontakt, das war sehr nett, aber passte nicht. Dann habe ich auch schon Dieters Profil entdeckt. Das hat mir sehr gefallen.“
Haben Sie die Initiative ergriffen?
Anita: „Ja klar! Ich war aktiv und neugierig. Und ich wollte jemanden kennenlernen. Beim Anschreiben vergibt man sich ja nichts. Auf Dieter wurde ich schließlich aufmerksam, weil sein Profil so witzig formuliert war.“
Trotzdem hatten Sie erst Bedenken.
Anita: „Ja, wegen seines Alters. Er schrieb zwar, dass er junggeblieben ist, aber das hätte ja auch eine Floskel sein können. Dieter ist immerhin 77! Doch er ist ein sportlicher, immer unternehmungslustiger, neugieriger und witziger Männertyp – das passt einfach wunderbar!“
Wir sind schon gespannt, wie ging es dann weiter?
Anita: „Beim Telefonieren bestätigte sich schon, was ich mir aufgrund der Mails gedacht hatte: Wir haben denselben Humor. Dann trafen wir uns zum Essen. Ich hatte einen knallroten Mantel an, Dieter erblickte mich und hoffte, wie er mir später sagte, dass ich sein Date sei. Wir haben uns gleich sehr gut unterhalten und Dieter erklärte mir beim Abschied, dass er mich gerne wiedersehen würde. Allerdings stand schon fest, dass er demnächst verreisen würde, und das gleich zwei Mal hintereinander.“
Das ist ja der Klassiker – man lernt jemanden kennen und dann verreist er erstmal. Hatten Sie Zweifel, ob es ein Wiedersehen gibt?
Anita: „Nein. Man spürt ja, wie ernst der andere es meint und ich hatte von Anfang an den Eindruck, dass er ernstes Interesse hat. Der Kontakt blieb die ganze Zeit über bestehen, Dieter schickte mir per WhatsApp Fotos. Das ist ja heutzutage dank all der neuen Medien so einfach! Nach seiner Golfreise, und bevor er über Weihnachten seine Tochter in den USA besuchte, trafen wir uns wieder, gingen zu Weihnachtsmärkten und genossen die gemeinsame Zeit. Und dann hat er mich nach seiner Rückkehr aus Amerika an Silvester sehr beeindruckt: Nachdem er nach 14 Stunden am Flughafen gelandet war, feierten wir bis 6 Uhr morgens ins neue Jahr.“
Ein toller Start in ein gemeinsames neues Jahr! Wie sieht Ihre aktuelle Situation aus?
Anita: „Ich wohne sehr ländlich in einem Mehrgenerationenhaus, hier ist immer etwas los, ich lebe inmitten meiner Familie und Enkel. Dieter findet das sehr schön. Er wohnt jedoch ganz anders als ich: An seinem Wohnort, 140 Kilometer entfernt, genießen wir den städtischen Flair und die kulturellen Angebote der benachbarten Großstadt.“
Also kennen sich die Familien?
Anita: „Ja, und alle verstehen sich bestens. Das ist ein echter Glücksfall und das wissen wir auch zu schätzen. Nur eine meiner beiden Katzen reagierte anfangs eifersüchtig und pinkelte in Dieters Schuh. Der nahm das zum Glück mit Humor, schließlich hatte er auch mal eine Katze.“
Planen Sie, in Zukunft zusammenziehen?
Anita: „Nein, wir genießen die beiden Wohnsituationen, die jede für sich ihren Reiz hat. Wir besuchen uns auch mal über eine ganze Woche. Aber es ist auch gut, dass wir uns beide ein wenig Eigenständigkeit bewahren.“
Gibt es denn Herausforderungen bei dieser späten Liebe?
Anita: „Schon. Wir waren beide lange verheiratet, da hatte jeder seine Rolle bereits gefunden und war gewohnt, sie auszufüllen. Wir mussten unsere Position miteinander erst wieder neu finden. Wenn da einer den anderen bevormundet oder unter Druck setzt, wird es schwierig. Erwartungen aus den früheren Erfahrungen heraus sind hinderlich. Bei uns prallten anfangs auch zwei Temperamente aufeinander und wir mussten einige Konflikte austragen. Aber das ist völlig in Ordnung. Wir wünschten uns schließlich beide einen gleichberechtigten Partner, der für den jeweils anderen eine Bereicherung ist. Wir hatten das Glück, diesen Partner zu finden.“
Wie kam Ihre neue Partnerschaft im Freundeskreis an?
Anita: „Anfangs wollten meine Freunde neugierig ‚Dieter gucken’. Bei gemeinsamen Unternehmungen stellte sich alsbald auch Sympathie ein. Meine neue Partnerschaft animierte übrigens die Single-Damen unter meinen Freundinnen, ebenfalls online nach einem passenden Mann Ausschau zu halten. Doch da gab es auch einige Rückschläge: Bekanntschaften, deren Foto 20 Jahre alt war, zum Beispiel.“
Was würden Sie Singles ü50 raten?
„Gut vorsortieren! Schon das Schreiben verrät viel über den anderen, dann würde ich Singles ab 50 dazu raten, in jedem Fall zu telefonieren. Wenn jemand nur eine Handynummer hat, wäre ich schon skeptisch. Da kann auch zu Hause die Ehefrau sitzen, die nichts erfahren darf. Ich konnte meine Kontakte alle über Google finden und hatte dann ein besseres Gefühl, dass es sich um einen authentischen Kontakt handelt. Und dann sollte man nicht zu viel an den Eckdaten festmachen: Dieter passt trotz seiner 77 Jahre mit seinem aktiven Lebensstil perfekt zu mir.“
Vielen Dank für das Gespräch und alles Liebe für Sie!
Das Interview führte unsere Redakteurin Saskia Balke.