Frau steckt in Liebeskummer und berührt verzweifelt ihre Stirn
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Die Liebeskummer-Phasen

von Helena Papadakis , 17. August 2017

Jede Trennung ist eine traumatische Erfahrung. Umso wichtiger ist daher die richtige Verarbeitung des Erlebten. Welche Liebeskummer-Phasen jeder nach dem Scheitern einer Partnerschaft durchlaufen muss, wie lange Liebeskummer anhält, bis wieder neuer Lebensmut geschöpft werden kann und welche Tipps bei der Verarbeitung helfen, verrät Beziehungs- und Herzschmerzexpertin Silvia Fauck. 

Trennung geprägt durch fünf Liebeskummer-Phasen 

Schon in meinem ersten Buch „Liebeskummer – wenn das Herz zu brechen droht“ habe ich darüber geschrieben, dass das Überwinden von Liebeskummer in fünf Etappen verläuft. Auch die österreichische Psychologin und Psychotherapeutin Frau Dr. Gerti Senger, die zu dem Thema Liebeskummer-Phasen promoviert hat, geht davon aus, dass sich das Trauern um einen gelieb­ten Menschen in fünf Etappen vollzieht. 

Viele Fragen kreisen um Liebeskummer: Wie lange dauert der Schmerz, welche Stadien muss ich durchlaufen und welche Tipps gilt es zu beherzigen? Wir liefern dir hierzu Antworten. 

1. Du spürst, dass irgendetwas nicht mehr stimmt 

Die erste Liebeskummer-Phase ist von Unverständnis und Verdrängung geprägt. Vielleicht protestierst du jetzt und möchtest noch immer glauben, dass die Trennung ohne jede Vorwarnung kam. Aber wenn du die letzten Wochen und Monate vor der Katastrophe noch einmal ganz ehrlich Revue passieren lässt, wirst du dich wahrscheinlich erinnern: Irgendetwas war anders als sonst. Vielleicht waren es nur Gesten, scheinbar unwichtige Bemer­kungen oder Situationen, die nicht mehr ganz so waren wie früher. Kleinigkeiten haben dir in dieser Liebeskummer-Phase ein unbestimmtes Gefühl der Bedrohung gegeben, auf das du vielleicht schon mit ersten psychosomatischen Beschwerden wie Bauch- oder Rücken­schmerzen reagiert hast. 

Liebeskummer-Tipp: Mach dir langsam bewusst, dass die Beziehung beendet ist und begib sich auf Spurensuche. Was hat nicht gestimmt? Welche Probleme haben dich immer wieder eingeholt? Das hilft der Bewusstwerdung des Beziehungsaus. 

2. Du bist in der zweiten Liebeskummer-Phase wie gelähmt 

Jetzt ist es passiert. Du kannst dir nichts mehr vormachen. Das Beziehungsende ist ausgesprochen. Der geliebte Mensch ist inner­lich auf jeden Fall schon weg – auch wenn er vielleicht noch eine Weile mit dir unter einem Dach lebt. Du bist wie gelähmt. Du weinst in dieser Liebeskummer-Phase, auch wenn diese Tränen noch nichts mit wirklicher Trauerarbeit zu tun haben, sondern eine reine Stressreaktion sind. Deine Welt ist aus den Fugen geraten. Du bist fassungslos und hast keine Ahnung, wie du mit dieser, deine innere Existenz bedrohenden, Situation umgehen sollst. Alles läuft mechanisch ab. Du fühlst dich wie ferngesteuert, wie ein Roboter. Du kannst nichts tun, fühlst dich zur Hilflosigkeit verdammt. Wie ein kleines Kind. 

Liebeskummer-Tipp: Gönn dir eine kleine Auszeit. Du musst nicht weit als Single verreisen, um Abstand zu erhalten. Triff dich mit Freunden, besuche deine Familie und gesteh dir die berechtigten Tränen zu. Lass dich auffangen.

3. Du willst verhandeln, um das Schlimmste zu verhin­dern 

Die natürlichen Selbstheilungskräfte, die in uns allen stecken, werden in der dritten Liebeskummer-Phase aktiv. Der Lähmung folgt das krampfhafte Bemühen, die Katastrophe vielleicht doch noch abzuwenden – egal, um welchen Preis. Oder sie wenigstens zu verschieben. Kompromissvorschläge – die bis zur Selbstaufgabe gehen kön­nen – werden angeboten. Plötzlich willst du deinem Partner mehr Freiräume zugestehen oder sogar eine offene Beziehung führen, auch wenn du innerlich ganz genau weißt, dass du das nie verkraften würdest. Du verhandelst mit ihm, schlägst eine Trennung auf Probe vor oder glaubst verzweifelt, wenn du dich „besserst“, kannst du ihn vielleicht doch noch zurückgewinnen. All diese Bemühungen, so Gerti Senger, sind „Übergangsri­tuale“, die dazu dienen, Zeit und Raum zu gewinnen, um in klei­nen Schritten eine eigene, nicht auf den Partner bezogene Iden­tität aufzubauen. 

Liebeskummer-Tipp: Bleib bei dir! Mach dir nochmals bewusst, was konkret zur Trennung geführt hat und fokussier dich auf das, was dir im Leben wichtig ist. Gesteh dir ein, dass faule Kompromisse nichts an der Situation ändern werden. 

4. Du musst dir in der nächsten Liebeskummer-Phase eingestehen: Es ist vorbei! 

Jetzt kannst du nicht mehr anders: Du musst dir eingeste­hen, dass alle Bemühungen, die Beziehung zu retten, gescheitert sind. In dieser Phase der Regression, in der das Bett vielleicht deine einzige Zuflucht ist, werden die wirklichen Gründe für die Tren­nung meistens noch nicht wahrgenommen. 
Erinnerst du dich? Hast du nicht auch eine Zeit lang ge­dacht: „Hätte ich nur das und das gemacht oder das und das ge­lassen – dann wäre alles anders gekommen“? Du hast dich mit Selbstvorwürfen und Schuldzuweisungen gequält oder eine dritte Person gefunden, die du für das Scheitern der Beziehung verantwortlich gemacht hast. 
Im schlimmsten Stadium vergeht vielen von Herzschmerz Geplagten der Appetit, schlaflose Nächte und konzentrationslose Arbeitstage wechseln sich ab. Diese Liebeskummer-Phase ist eine der schwersten und viele fragen sich in dieser Zeit beinahe täglich „Warum leide ich so sehr unter Liebeskummer? Wie lange wird dieser Zustand noch anhalten? Und wann geht es wieder bergauf?“ Aber: Dieser „Höl­lentrip des Liebeskummers“, wie Gerti Senger es nennt, bietet eines Tages die Chance auf Wachstum und Bereicherung. Ausge­rechnet dieses seelische Tief löst nicht selten eine schöpferische Phase aus, die von ungeahnter Kreativität und einer intensiven Schaffensperiode gekennzeichnet ist. Und das war nicht etwa nur bei weltbekannten Künstlern wie Goethe oder Picasso zu beobachten, sondern wird auch dir passieren. Auch wenn du das im Moment noch nicht glauben kannst – freu dich darauf! 

Liebeskummer-Tipp: Lass dir Zeit, um den Trennungsschmerz zu überwinden, aber verkriech dich nicht zu Hause. Frag dich, was dich ausmacht und worauf du Lust hast. Ein Tanzkurs oder eine Tour mit dem Motorrad durch die Vereinigten Staaten? Für die Umsetzung deiner Wünsche ist nun der beste Zeitpunkt. 

5. Du akzeptierst in der letzten Liebeskummer-Phase das Geschehene 

In dieser Liebeskummer-Phase akzeptierst du zwar, dass die Liebe vorbei ist, aber das heißt noch lange nicht, dass du nicht mehr traurig bist. Im Gegenteil. Die wirkliche Trauerarbeit geht jetzt erst richtig los. Deine Gedanken kreisen fast ununterbrochen um den verlore­nen Partner. Depressionen und Weinkrämpfe sind noch immer an der Tagesordnung. Du hast das Bedürfnis, all jene Plätze auf­zusuchen, an denen du mit dem Verflossenen warst. Mehr noch: In deinem Sozialverhalten bist du unberechenbar, ziehst dich heute von allem und jedem zurück, um morgen überall in der ers­ten Reihe mitzumischen. All das ist Ausdruck deines – meist noch unbewussten – Bemühens, dir in der letzten Liebeskummer-Phase einen neuen Platz in deinem Um­feld zu erobern, eine neue, eigene Identität zu finden. Weg vom „Wir“ – hin zum „Ich“. 

Du kapselst dich nicht mehr ab, sondern suchst immer häufi­ger den Kontakt und das Gespräch mit Freunden oder Angehöri­gen. Mitunter werden erste sexuelle Abenteuer eingegangen, die allerdings fast nie bereits die Basis für eine neue stabile Bezie­hung sind. Erst in diesem Prozess der Akzeptanz des endgültigen Verlustes beginnt die Loslösung von dem einst geliebten Partner. Die vielschichtigen Gründe für das Scheitern der Beziehung werden in dieser Phase des Liebeskummers behutsam zur Kenntnis genommen. Der erste vor­sichtige Schritt in Richtung eines späteren neuen Glücks ist da­mit getan. 

Liebeskummer-Tipp: Stürz dich nicht voreilig in neue amouröse Abenteuer. Diese dienen meist nur dem Übergang oder dem Füllen einer Lücke. Fokussier dich stattdessen auf dich selbst und tue nur das, worauf du Lust hast. Eine neue Liebe ergibt sich nämlich erst wieder dann, wenn du mit dir selbst im Reinen bist. 

Wie lange dauern Liebeskummer-Phasen? 

Es gibt keine allgemein gültige Norm, in welchem zeit­lichen Rahmen sich die fünf Liebeskummer-Phasen zu vollziehen haben. Das hängt nicht nur vom Gefühlshaushalt des Betroffenen und von seinem Geschlecht, sondern auch von der Länge der Beziehung ab. Eine Faustregel aus der Liebeskummer-Praxis lautet: Wurde die Part­nerschaft nach sechs oder mehr Jahren beendet, leiden Frauen durchschnittlich bis zu drei Jahre lang an Liebeskummer, Män­ner dagegen nur rund 18 Monate.